Ischeroth: Sollen Waldgenossen jetzt „umgelegt“ werden?

Das Thema „Enteignung“ des Ischeroth-Gewerbegebietes sollte laut Ratsbeschluss der Stadt Freudenberg vom  4. Mai 2017 mit 27 Ja gegen 5-Nein-Stimmen vom Tisch sein. Der Rat hob damit den Beschluss auf, mittels einer „Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ im Zuge der Enteignung die Flächen den Waldgenossenschaften in Bühl und Büschergrund abzunehmen.

„Wir finden es deshalb sehr dreist, wenn die Verwaltung in derzeit geführten Verhandlungen die Waldgenossen mit Umlegungs-Drohungen“ bedrängt, um erneut zu versuchen, gegen deren freien Willen an die Grundstücke zu kommen,“ findet Gerhard Böcking aus Bühl.

Zum Umlegungsverfahren kann es dann kommen, wenn Grundstücke zumeist im Innenbereich nicht die für eine bauliche Nutzung notwendige Lage oder Größe besitzen. Dann wird auf ein geregeltes Grundstückstauschverfahren zurückgegriffen. Dieses muss  in erster Linie auf den Ausgleich der privaten Interessen der beteiligten Eigentümer gerichtet sein. Eine sogenannte „Baureifmachung“ per  Umlegung funktioniert nicht, wenn die bisherigen Eigentümer, die durch die Bauleitplanung beabsichtigte Nutzung nicht selbst umsetzen können. Die verfassungsrechtlich geforderte Verfügungsfreiheit der beteiligten Grundstückseigentümer werde als nicht  gegeben angesehen, wenn diese ihr Eigentum nach der Umlegung zum Beispiel wegen der Höhe der Aufwendungen für Straßen usw. an Dritte abtreten müssten. Dies ist dann zumeist der Fall, wenn größere Bauflächen für Gewerbe- bzw. Industrienutzung zu bilden sind. Damit, so die rechtliche Bewertung, sei die für die Umlegung erforderliche dauerhafte freie Verfügungsbefugnis über den neuen Eigentumsgegenstand versagt.

Für den Bühler Ortsvorsteher Friedhelm Höfer steht  fest: „Ein Umlegungsverfahren kann bei zwei  Grundstückseigentümer  nicht  durchgeführt werden, wenn auch nur einer dagegen ist.  Insofern sollte „die Umlegung“ auch nicht gegen die Waldgenossen zur Einschüchterung eingesetzt werden.

Ein Gegeneinander-Ausspielen der Haubergsgenossen als Taktik der Stadt und das neue Planunterlagen nicht öffentlich sind, sei alles andere, als „auf Augenhöhe“ ehrlich miteinander umzugehen. Denn auch jetzt würden die wirklichen Fragen nicht gelöst: „Ein viel zu großes Gewerbegebiet, das für störende Industrie oberhalb des großen Wohnbereiches Büschergrund, weithin sichtbar am höchsten Punkt der Stadt angesiedelt werden soll, ist eine krasse Fehlplanung, die jedweder Vernunft widerspricht,“ so Jörg Bruland aus Büschergrund. Ebenso sei Bühl betroffen.

Ortsheimatpfleger Rolf Kolb: „Mir ist völlig unverständlich, dass Freudenberg sein Image als liebens- und lebenswerte Stadt sowie den positiven Bevölkerungszuzug aufs Spiel setzt, um sich stattdessen einen Namen als Ober-Zentrum für störende Industrie zu machen.“ Es sei mit der Hand zu greifen, wie hier Lebensraum massiv angegriffen werde.

Noch gut sei die Regionalrat-Formulierung in Erinnerung, es gelte dem „angestauten Bedarf“ für störende Industrie Rechnung zu tragen. „Dass dafür jetzt überregional der ‚Luftkurort Freudenberg‘ herhalten soll, ist unbegreiflich,“ empört sich Jennifer Wachsmuth aus Büschergrund.

„Zum Glück gibt es viele Waldgenossen, die soviel Heimatgefühl besitzen, sich nicht an einer Landschaftszerstörung bereichern zu wollen und deshalb eine Kapitulation vor Groß-Investoren und Industrie-Verbänden ablehnen“, so Christine Reif aus Bühl.

Mit Spannung blickt die Bevölkerung auf eine erste Versammlung der Waldgenossen Büschergrund. Die wollen am Freitag, den 1. März 2019, zum Thema Ischeroth beraten.

Foto: Mike Salomon

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